Burnout ist keine Krankheit und kann nicht geheilt werden

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ES ERGIBT EBENSO WENIG SINN, EINEN FUNKTIONIERENDEN TOASTER ZU REPARIEREN, WIE MIT IHM WÄSCHE ZU WASCHEN. WARUM GEHEN WIR ABER GENAUSO IN UNSEREM LEBEN VOR?

Mit meinem ersten Blog-Artikel werde ich einen großen Bogen spannen. Von vielen verwirrenden Begriffen in Verbindung mit Burnout und daraus resultierenden Erkenntnissen. Dass zwar eine Krankheit geheilt werden kann, aber nichts Intaktes. Von vielen Phasen zu einer einzigen Übergangsphase, bis hin zu einer neuen Bekanntschaft und einem alternativlosen Großbrand.

KLÄREN WIR ZUERST DIE BEGRIFFE

Vor vier Jahren habe ich meine offizielle Diagnose „Depressionen“ und die inoffizielle Diagnose „Burnout“ von meinem Psychiater erhalten. Dann tat ich das, was heutzutage ein gängiges Vorgehen ist: googeln. Das war seltsam, ich kam gerade vom Arzt und hatte das Bedürfnis nach Klarheit.

Es waren zu viele Informationen auf einmal und eine Menge komplizierter Zusammenhänge, die ich nicht verstand. Dazu kam, dass ich mich darauf konzentrierte, dem Arzt genau zu beschreiben, was mich quälte. Beschreiben, zuhören und verstehen, das war in diesem Zustand unmöglich.

Das Internet ist eine unendliche Fundgrube, wobei die Betonung oftmals „auf Grube“ zu legen ist. Eine Grube, in der du dich verirren und verlieren kannst. Nach tagelangen Recherchen sind folgende Begriffe und Erklärungen für mich übrig geblieben:

Burnout

Burnout oder auch Burnout-Syndrom ist ein Oberbegriff für Typen persönlicher Krisen die eher mit unauffälligen Frühsymptomen beginnen und mit völliger Arbeitsunfähigkeit oder sogar Suizid enden können.

Diagnose

Burnout ist keine eigenständige Diagnose, sie ist keine Behandlungs-, sondern eine Rahmen- oder Zusatzdiagnose. Häufig ist die Rede von einer „Modediagnose“.

Syndrom

Eine Kombination aus verschiedenen Krankheitszeichen (Symptomen).

Symptom

Ein Zeichen, dass auf eine Erkrankung oder Verletzung hinweist.

Phasen

Verlauf des Burnout-Syndroms in 12 Phasen.

Therapie

Maßnahmen zum Behandeln von Krankheiten, Behinderungen und Verletzungen aufgrund einer zuvor erlangten Diagnose.

Depression

Ist eine (affektive, das bedeutet, eine durch Gemütsregung ausgelöste) psychische Störung und gilt im medizinischen Sinne als Krankheit.

DIE HAUPTSYMPTOME SIND:

  • Gedrückte, depressive Stimmung,
  • Interessensverlust und Freudlosigkeit,
  • Antriebsmangel und erhöhte Ermüdbarkeit.

ZUSATZSYMPTOME SIND:

  • Verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit
  • vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen,
  • Schuldgefühle und Gefühle von Minderwertigkeit,
  • negative und pessimistische Zukunftsperspektiven,
  • Suizidgedanken oder -handlungen,
  • Schlafstörungen und verminderter Appetit.

Quelle: Wikipedia Stand: April 2017

Nachdem ich intensiv darüber nachdachte, kam ich nicht zu der Überzeugung, dass ich krank war. Die ärztliche Diagnose war eine wichtige Bestätigung, dass ich nicht der Einzige bin, der sich derart verloren fühlte. Aber mit der Definition „krank“ konnte ich nichts anfangen.

DIE DIAGNOSE BRACHTE MICH AUF EINEN ÜBERRASCHENDEN WEG

Vielleicht war ich naiv oder zu dumm, die ganzen Begriffe und Erklärungen zu einer Krankheit zusammenzufügen. Es ging um Krisen, Freud- und Antriebslosigkeit, verminderte Konzentration, gedrückte Stimmung, sowie um Schuldgefühle und Gefühle von Minderwertigkeit. Aber ein Gefühl ist keine Krankheiten.

Dennoch war mir wichtig, eine mögliche Krankheit, die zu Depressionen führen könnte, auszuschließen. Das Diagnosegespräch und die Erkenntnisse aus den Internet-Recherchen führten dazu, dass ich andere Ärzte aufsuchte. Ich machte eine Vorsorgeuntersuchung, ging zum Zahnarzt, Chiropraktiker, sogar zu einem Haut- und Augenarzt. Alles war in Ordnung.

Somit kam ich zu dem Entschluss, mich an meinen Gefühlen zu orientieren und nicht weiter über schulmedizinische oder sonstige Erklärungen nachzudenken. Ich spürte, dass ich auf einem Weg war, den ich bisher nicht gesehen hatte und der sich gut und richtig anfühlte.

ICH KANN NICHTS REPARIEREN, DAS NICHT KAPUTT IST

Ein Knochen, der blutend aus dem Unterarm ragt, bräuchte ganz bestimmt eine ärztliche Behandlung. Tut er das nicht und schmerzt nicht, ist eine Röntgenuntersuchung sinnlos. Einen Toaster würde ich nicht reparieren, solange er noch mein Brot toastet. Und ich würde mit dem Toaster auch keine Wäsche waschen.

Wenn meine grundsätzlichen Körperfunktionen wie atmen, gehen, essen usw. in Ordnung sind, ich keine Beschwerden habe, was soll dann kaputt sein? Fühle ich mich dennoch schlecht und betrübt, sollte ich mir nicht eher die Frage stellen, ob ich meinen Körper richtig einsetze? Lebe ich, wie ich leben möchte?*

BURNOUT IST EINE ÜBERGANGSPHASE, KEINE KRANKHEIT

Wissenschaftlich betrachtet, sind die oftmals zitierten zwölf Burnout-Phasen durchaus interessant. Allerdings, was hilft es mir zu wissen wo ich stehe, wenn ich nicht weiß, wie es weitergeht? Das ist mir zu theoretisch und führt zu nichts. Heute verstehe ich Burnout als eine einzige Phase ohne wirklichem Ende. Ich bin nach wie vor drin.

Heute geht es mir gut und es ist klar, dass alles so sein musste. Es war hell, dann wurde es düster, es kam die Finsternis und blieb lange stockdunkel. Dann der erste Sonnenstrahl, es wurde heller (gefühlsmäßig befinde ich mich derzeit an diesem Punkt) und ich freue mich auf den Moment, an dem die Sonne richtig strahlt.

ES GEHT DARUM, SICH SELBST KENNEN ZU LERNEN

Bis ich merkte, dass mit mir etwas nicht stimmte, war es schon zu spät. Erst Jahre später begriff ich, dass bei mir nichts kaputt ist, ich nicht krank bin und demnach nichts repariert oder geheilt werden muss. Mir wurde stattdessen klar, dass ich bisher nicht gelebt habe.

Ich war natürlich nicht tot. Es war viel schlimmer. Ich habe nicht das Leben geführt, das zu mir passte. Es war, als würde ich versuchen, mit dem Toaster Wäsche zu waschen. Das geht nicht, es ist unvernünftig und sinnlos.

Zu erfahren, welches Leben das Richtige für mich ist, stellte meine Geduld und den Grad des Erträglichen auf eine harte Probe. Dich deinen Gefühlen hinzugeben und alles zulassen was an Emotionen daherkommt ist eine aufregende Achterbahnfahrt.

Ich weiß heute, dass daran kein Weg vorbei führte, ich musste da durch und es hat sich gelohnt. Der Weg zu einem besseren Leben führt über die brutale Wahrheit über mich selbst.

MANCHMAL MUSS ETWAS ABBRENNEN, DAMIT NEUES ENTSTEHEN KANN

Burnout übersetze ich lieber mit abbrennen als ausbrennen. Das nicht mehr Benötigte, das Überflüssige, das Falsche und das im Weg Stehende brennt ab. Dadurch entsteht Platz für Neues und das Alte ist unwiederbringlich weg. Das braucht Zeit, Geduld und Mut.

Mut, sich vom Falschen zu trennen. Mut, um offen für das Neue zu sein. Und Mut, um dem Neuen eine Chance zu geben und es anzunehmen.

BURNOUT IST ALSO ETWAS GUTES?

Aus heutiger Sicht, also rückblickend, eindeutig ja. Natürlich hätte ich mir diesen Leidensweg gerne erspart, mir eine angenehmere Alternative gewünscht oder viel früher ein Leben gefunden, das meinen Vorraussetzungen entsprach. Das war nicht der Fall, insofern ist eine derartige Burnout-Phase wesentlich besser, als weiterhin in die falsche Richtung zu laufen.

Für jemanden, der gerade in einem Burnout steckt, ist diese Aussage vermutlich blanker Hohn. Ich konnte es damals auch nicht glauben. Die Menschen, die mir einreden wollten, dass ich eines Tages glücklich und sogar dankbar für dieses Burnout sein werde, habe ich mit Verachtung gestraft.

Ich habe begriffen, dass ich keine Krankheit hatte und nicht auf Heilung gehofft. Ich nahm dieses fürchterliche Leiden zum Anlass, meine bisherige Lebensweise zu hinterfragen, schlechte Gewohnheiten, falsche Ziele und sinnlose Vorstellungen aufzugeben. Eine Alternative habe ich nicht gesucht, stattdessen bin ich meinem wahren Selbst auf die Schliche gekommen.